Zugegeben: Das mag in der heutigen Zeit sehr provokant anhören, weil der scheinbare Trend ein anderer ist: “Wie Du mit weniger Arbeit mehr verdienst”, “Wie Du online spielerisch Geld verdienst”, “Wie Du Dich mit Premium-Preisen vom Markt abhebst!” “Wie Du von jedem Ort der Welt aus arbeiten kannst.” “Wie Du völlig automatisiert neue Kunden gewinnst”.
Der Markt mit Online-Seminare, Webinaren, Lernprogramm boomt und es sprießen jeden Tag neue Angebot aus dem Boden.
Es werden die unterschiedlichsten Themen angeboten, von IT über Unternehmensführung, Marketing, bis hin zu Persönlichkeitsentwicklungsthemen. In vielen Online-Seminaren wird auch suggeriert, dass man nicht unbedingt hoch qualifiziert sein muss, um Online-Seminare anzubieten. Das stimmt leider auch und zwar deshalb: Es findet keine Interaktion statt! Die Interaktion wird nur suggeriert durch z.B. die Möglichkeit Fragen zu stellen (im Chat) oder Austausch der Teilnehmer untereinander. Würde echte Interaktion stattfinden, könnten viele “Trainer” wahrscheinlich nicht bestehen, weil sie mit der Gruppendynamik und den speziellen Themen der Teilnehmer nicht zurecht kommen.
Ich liebe es, meinen Teilnehmern in die Augen zu schauen, ihre fragenden Blicke zu sehen, wenn ich mich unklar ausgedrückt habe, den Austausch untereinander zu beobachten, mit unterschiedlichen Medien und Methoden den Teilnehmern zu einem wirklichen “Aha-Erlebnis” zu verhelfen. Viele Online-Seminare erinnern mich an den Begriff des “betreuten Lesens”. Nur: Was unterscheidet das Onlineseminar jetzt wirklich vom Buch oder Skript? Nichts. Im Gegenteil: Mich schreckt die fehlende Kreativität und der direkte Austausch eher ab.
Was viele OnlineSeminare auch gemeinsam haben ist: Sie sind reine Verkaufsveranstaltungen: “nur heute noch 30% Rabatt!”, “Spezialwissen leicht gemacht” und dann wenn es wirklich spannend wird, verweisen die Veranstalter auf zahlungspflichtige Lektionen (natürlich auch online). Das System bremst sich selbst aus, weil es JEDER machen kann und weil die Technik jedem zur Verfügung steht. Onlineseminare können gut funktionieren – müssen aber nicht.
Onlineseminare können dann gut funktionieren, wenn folgende Punkte beachtet werden:
– Kreative bildliche Darstellung der Informationen
– weniger Text, mehr Bild
– Live-Bild des Referenten
– echte Interaktion mit den Teilnehmern
– echter Mehrwert und Nutzen für die Teilnehmer
– gut einsetzbar bei eher technischen/fachlichen Themen oder Grundlagenthemen.
Ich stelle auch vermehrt fest, dass Onlineseminare im Bereich der Persönlichkeitsentwicklung gegeben werden. Das ist ein, meiner Meinung nach, gefährlicher Trend!
Persönlichkeitsentwicklungsseminare können Prozesse anstoßen, die nicht unbetreut sein sollten. Klar kann ich über Video transformierende Fragen stellen, aber ich darf den Teilnehmer nicht alleine lassen, wenn er mit der Beantwortung der Fragen nicht weiter kommt. Meiner Meinung nach, müssen Onlineseminare, die etwas mit der persönlichen Entwicklung von Menschen zu tun haben, immer einen Präsenz-Anteil haben, zumindest ein 1:1 Coachingsetting – alles andere halte ich für zu gefährlich.
Und hier ist dann auch die grundlegende Unterscheidung zwischen qualitativ hochwertigen Coachings und Trainings: Ein guter Coach/Trainer erkennt schwierige Situation und steuert entsprechend das Setting und den Ablauf. Das geht aber nur im direkten Kontakt. Ein schlechter Coach/Trainer verbirgt sich nur hinter seinem Bildschirm, macht nur Onlineseminare, schreibt Blogs und vermeidet den direkten Kontakt. Wie gesagt, es mag für manche Themen funktionieren, aber dann auch nicht bei jedem.
Und vor allem: Es wird suggeriert, dass alles ganz “easy” ist. Das ist es aber nicht. Ich habe ein wenig Einblick in die Gestaltung von Webinaren, Email-Learnings und Onlineseminaren. Bis man das Wissen automatisiert am Markt hat, ist das ein Knochenjob.
Ich liebe es mit Menschen zu arbeiten: Ich will sie sehen (“wirklich sehen!”), hören, spüren und riechen. Ich möchte, dass die Menschen bei Ihrer Arbeit nicht allein gelassen werden, wenn sie an für sich wichtigen Themen arbeiten. Ich möchte ihre Entwicklung, ihr Reflektieren, Lernen, ihr Zweifeln und Bemühen sehen. Ich möchte sehen, wie Menschen sich gegenseitig helfen können, wo sozialer Kontakt stattfindet, der Leben verändert.
Das ist meine Motivation zu sagen: